Fr., 25.11.2005
 
 
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Kolumne
Freitag, 1.4.05
Kopf- statt Handarbeit
Woran liegt es, dass heimische Spitzenspieler aktuell rarer gesät sind als vor zehn Jahren?

Den Anfang macht wieder einmal ein Präsidentenzitat: „Das vorrangige Problem bei der Ausblidung der Tennisspieler ist, dass für die Betreuung in den letzten 20 Jahren offensichtlich nicht die richtigen Personen herangezogen wurden. Somit ist es der Tennistrainer, der hier zu kritisieren ist“, gab der Chef gegenüber happy tennis zu Protokoll. Ob er damit unter anderen Ronnie Leitgeb, Günter Bresnik, Karlheinz Wetter und Peter Eipeldauer gemeint hat, entzieht sich meiner Kenntnis, ist allerdings nicht anzunehmen.

Einen Absatz später wird von höchster Stelle bemängelt, dass „die Öffentlichkeit nicht weiß, was unter der Ausbildung eines Tennistrainers zu verstehen ist“ und dass es ein „Manko, das sich wie ein Flächenbrand ausbreitet“ sei, wenn unausgebildete Kräfte am Tennisplatz werken würden. Des Präsidenten Wort in Gottes Ohr. Ob ihm wohl bewusst ist, dass die Mehrzahl der oben Genannten zwar erwiesener Maßen als Trainer arbeiten, den entsprechenden Befähigungsnachweis aber schuldig bleiben müsste?

Bevor es jetzt heißt, ich würde ungerechtfertigter Weise Österreichs Spitzenkräfte mit Dreck bewerfen, ziehen wir den Umkehrschluss: Offensichtlich ist die Trainerausbildung nicht notwendig, um ein erfolgreicher Trainer zu sein. Für diese These steinigt mich wiederum Lehrreferent Hari Mair.
War die Ausbildung nun in den letzten 20 Jahren schlecht und ist jetzt super? Dagegen spricht, dass Mairs Vorgänger und sicherlich als „Guru der Ausbildung“ zu bezeichnende Dr. Hauer immer noch internationale Fachvorträge hält und in den nächsten Wochen von der ETA (European Tennis Association) den „Europe Special Award“ als Auszeichnung für sein Lebenswerk erhält.

Woran liegt es also, dass Muster, Skoff, Antonitsch, Paulus, Wiesner und Schett noch keine adäquaten Nachfolger gefunden haben? Bleiben wir bei der Ausbildung: Trefflich und unter Aufmarsch stichhaltiger Argumente finden unter gelernten Kräften immer wieder lange Diskussionen darüber statt, ob nun Federers oder Hewitts Vorhand wirkunsgsvoller sei.

Lenkt man das Gespräch auf die Frage, wie ein sinnvolles Schnellkrafttraining für 14jährige auszusehen habe, werden die Wortmeldungen deutlich rarer. Mit mildem Entsetzen erinnere ich mich diesbezüglich immer wieder gerne an Fritz „Tschugg, Tschugg“ Kremser, der Anfang der Neunziger noch steif und fest behauptete, ein Konditraining ohne Muskelkater habe seinen Zweck verfehlt. Jaja, so sah damals ein Vortrag für körperliche Ertüchtigung des Tennisspielers aus.

Und das Mentaltraining bestand aus einem strengen „Konzentriert´s Euch, Burschen!“. Wer sich daran bis heute festhält, hat womöglich wirklich nicht das richtige Rüstzeug für Spitzenleistungen mitbekommen.

Da halte ich es lieber mit Stan Franker, der auf die interessante Frage, woran man einen vielversprechenden Tennisspieler erkenne, antwortete: „An den Augen!“ Das ist es. Der Hunger nach Erfolg, die Gier nach Wissen, der Wille zu lernen und bedigungslos Gas zu geben. Lauter Dinge, die sich schwer messen lassen und für die man keine elektronischen Messvorrichtungen braucht. Man braucht als Trainer nur denselben Hunger und – vor allem für erfahrene Kräfte oftmals nicht ganz einsichtig – denselben Willen zu lernen.

Wenn sich diese Wertigkeiten geändert haben und Hari Mair – so wie es den Anschein hat – dem Rechnung trägt, ist es relativ wurscht, ob Federer oder Hewitt die bessere Vorhand spielt. Was wir brauchen, sind mental starke Persönlichkeiten, keine bis oben hin mit Theorie vollgestopften Fachidioten.
Dann besteht sogar die Hoffnung, dass die Ausbildung endlich den Stellenwert erhält, den sie verdient – und Österreich tatsächlich einen Muster-Nachfolger.

tennisweb-Kolumnist Arno Dupal ist freier Journalist und Tennistrainer.

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